Hannah Leyhausen studiert an der Internationalen Hochschule Liebenzell Theologie und Soziale Arbeit im interkulturellen Kontext. Bei einer Studienreise der Liebenzeller Mission lernte sie Japan kennen – und war beeindruckt von der Kultur und Herzlichkeit der Christen dort.
Was hat dich bewegt, an der Reise teilzunehmen?
Mein Dozent Tobias Schuckert hat immer wieder sehr eindrücklich und lebhaft von Japan erzählt. Er hat dort 13 Jahre als Missionar gearbeitet und sich dabei intensiv mit der Kultur auseinandergesetzt. Er lud zu einer Studienreise in das Land ein. Ich entschloss mich, mich für die Teilnahme zu bewerben, da ich bereits seit Jahren über Mission, aber noch nie über Mission in Japan nachgedacht habe.
Was habt ihr in Japan besucht?
Ein großes Highlight war natürlich Tokio und dessen Innenstadt und dabei vor allem Shibuya. Mich hat besonders die enorme Menge an Menschen beeindruckt und die vielen Einblicke in die japanische Kultur, besonders in die Jugendkultur, die auch viele im Westen prägt. Diese Kultur, in der alles süß sein muss, lieblich, klein, charmant und nett, was in unseren Breitengraden nicht unbedingt den größten Wert darstellt. Beeindruckend fand ich zudem die 13 Meter hohe Buddha-Statue in der Tempelstadt Kamakura. Ebenso sind mir die vielen Mini-Götterstatuen in Erinnerung geblieben, die zum Beispiel Schutzgötter für ungeborene Kinder sind, die während der Schwangerschaft starben. Das zeigt das tiefe Bedürfnis nach einem Gott, der Sicherheit gibt. Spannend war auch das größte Torii, das größte Eingangstor zu einem Shinto-Schrein. Dort konnten wir beobachten, wie die Gläubigen ihre Religion praktizieren. Aufgefallen ist mir auch, wie viel Wert die Japaner auf Mode legen und wie viel Geld sie dafür ausgeben. Toll fand ich auch die Einblicke in Essenskultur. Das Gute ist natürlich, dass Essengehen insgesamt sehr günstig ist und man deswegen viele unterschiedlichen Dinge probieren kann, selbst als Studentin. Schön war außerdem, dass wir von der Liebenzeller Schwester Priscilla Kunz herzlich willkommen geheißen und von ihr so eindrücklich in die japanische Kultur eingeführt wurden. Und selbstverständlich konnte sie von vielen Erlebnissen erzählen, die sie seit 1995 in ihrer Tätigkeit in Japan gesammelt hat.
Ihr habt bei eurer Reise auch Gemeinden besucht. Was habt ihr da gesehen?
Das größte Highlight war, dass wir die ganze Zeit mit Missionaren vor Ort verbringen konnten. Sie teilten Erlebnisse aus ihrem Alltag und wie es für sie ist, in dieser Kultur als Missionare zu arbeiten. Sie waren offen für alle Fragen. Wir haben mit ihnen ihre und andere Gemeinden besucht, die zum Teil von der Liebenzeller Mission gegründet wurden. Die Menschen waren dabei unwahrscheinlich herzlich, liebevoll und dienend. Ich habe selten so dienende Menschen erlebt. Unvergessen bleibt eine Gemeinde mit einem Mehrzweckhaus, das neben dem Hauptgebäude einen Basketballplatz hatte, zu dem alle Menschen – Christen wie Nicht-Christen – hinkommen können. Das Haus wird sowohl von Christen als auch von den Menschen genutzt, die in der Umgebung wohnen. Trotzdem wissen alle, dass es eine christliche Kirche ist. Im Obergeschoss können Menschen schlafen, die zurzeit kein Zuhause haben. Es gibt außerdem immer eine Möglichkeit, etwas zu essen zu bekommen – oft von Menschen mit Behinderungen gekocht, die dadurch einen guten Arbeitsplatz erhalten. Während den Veranstaltungen, geistlich wie säkular, wird ständig gebetet. Die Gemeinde verfügt zudem über einen Sportzweig mit einem christlichen Fußballverein, bei dem Kinder und Jugendliche auch den christlichen Glauben kennenlernen. Diese Gemeinde war für mich einer der Höhepunkte der Reise, da das repräsentiert, wie ich mir Gemeinde schon so lange wünsche.
Natürlich hat mich die japanische Kultur sehr beeindruckt, mehr aber noch, wie Menschen wirklich alles hinter sich lassen, um zu Japanern zu gehen, die Jesus nicht kennen und die sie einfach mit ganz viel Freude an den Glauben heranführen. Und das auf so eine natürliche Art und Weise, ohne etwas überzustülpen und ohne Druck. Stark war auch der Besuch einer christlichen Freizeiteinrichtung im Bergland. Ein Ort, an dem man echt gemerkt hat, dass da viele einfach entspannen und Spaß haben können, was in der japanischen Kultur nicht besonders häufig vorkommt, weil alles extrem getaktet und von der Gesellschaft vorgegeben ist.
Wie lautet dein Fazit der Reise?
Ich nehme das spannende Kennenlernen einer völlig anderen Kultur mit. Ich hätte nie gedacht, dass es so eine andere Kultur im Vergleich zu unserer geben kann, die noch zur „westlichen“ Welt gehört. Das macht mich demütig im Hinblick auf andere Religionen und Kulturen, da man unserem Gott in seinen dortigen Ebenbildern nochmal ganz anders begegnen kann.
Zum anderen begeistert mich ganz stark die Missionsarbeit; dass es dabei vielfältige Zugänge gibt, Menschen zu erreichen, die bestimmt von Land zu Land unterschiedlich sind. Ich kann die Reise sehr empfehlen, weil sie einen umfassenden Einblick in Missionsarbeit in einer anderen Kultur, in einem anderen Religionskontext ermöglicht. Dazu trug bei, dass unsere Reiseleiter selbst Missionare waren und natürlich Japanisch dementsprechend gut beherrschen. Gleichzeitig kommen sie aus unserer Kultur und konnten das Ganze mit uns reflektieren und verarbeiten. Wir haben uns auch auf persönlicher Ebene sehr gut verstanden. Es war einfach gut, gerade diese Brückenbauer zu haben, die uns Einblicke in dieses Land und in die Missionsarbeit so intensiv ermöglicht haben. Das war ein echter Segen.
Abschlussfrage: Was muss man unbedingt in Japan gesehen haben?
Man muss mindestens einmal in einem Onsen gewesen sein, die dortigen „Spas“, die gespeist von natürlichen heißen Quellen die geniale Badekultur definieren! Ich lieb‘s.