Marcel und Faith Frieß arbeiten seit Januar 2020 als Missionare in Ecuador. Mitte September gründeten sie mit ihrer Gemeinde in Atuntaqui einen christlichen Kindergarten. Sie berichten, wie es dazu kam, welche Ziele sie damit verfolgen und wie sich Kindergärten in Ecuador von deutschen unterscheiden.
Wie kam es zur Gründung des christlichen Kindergartens?
Die Idee entstand dadurch, dass das Gemeindehaus unter der Woche nahezu ungenutzt ist und es in der Gemeinde einige Erzieherinnen gibt, die aber nur schwer Arbeit finden. Hinzu kommt, dass es in der Umgebung keinen christlichen Kindergarten gibt. In unseren ersten Jahren in Ecuador haben wir wahrgenommen, dass viele Kinder in ihren Familien nur sehr wenig Aufmerksamkeit erhalten und häufig einfach nur so nebenherlaufen, weil ihre Eltern von morgens bis abends arbeiten. Sie haben außerdem oft bereits im Kindergartenalter verbale, aber auch körperliche Misshandlung erlebt. Somit wachsen viele Kinder nicht gerade in den besten Elternhäusern auf. Mit einem Kindergarten können wir sehr früh und einigermaßen konstant positiv in das Leben eines Kindes hineinwirken. Wir wollten einen Ort schaffen, wo Kinder Aufmerksamkeit und Liebe erhalten und gleichzeitig christliche Werte mitbekommen.
Wie finanziert ihr eure Arbeit?
Der Kindergarten ist ein Angebot der Gemeinde, die zu Liebenzell Ecuador gehört. Die Eltern bezahlen einen Monatsbeitrag. Außerdem unterstützt die Liebenzeller Mission uns bei den Gehaltskosten, da wir momentan nur vier Kinder im Alter von vier Jahren betreuen. Zurzeit arbeitet deshalb lediglich eine Erzieherin bei uns. Meine Frau Faith hilft dazu einmal die Woche aus. Wir hoffen, dass wir ab Januar dann mindestens zehn Kindergartenkinder zählen.
Wie unterscheidet sich euer Kindergarten von einem in Deutschland?
Die Kindergärten in Ecuador sind wenig spielerisch ausgerichtet. Vielmehr lernen die Kinder viel früher unter anderem Buchstaben, Zahlen und Farben. Sie fangen auch bereits im Kindergarten an, eine andere Sprache zu „lernen“. So erhalten sie im Kindergartenalter eine Art Zeugnis. Das ist für die Eltern sehr wichtig. Es wird ebenfalls benötigt, um Kinder danach in der Schule anmelden zu können. Unsere älteste Tochter Cataleya sagte, als sie in den ecuadorianischen Kindergarten kam: „Papa, wir spielen gar nicht, wir sitzen den ganzen Tag nur am Tisch und machen Aufgaben.“ In unserem Kindergarten hingegen legen wir Wert darauf, dass die Kinder auch Zeit zum Spielen haben und ebenfalls spielerisch lernen. Sie haben aber außerdem bereits einmal wöchentlich Englisch und Musik.
Welche Ziele verfolgt ihr mit dem Kindergarten?
Natürlich wollen wir in erster Linie die Kinder positiv prägen und ihnen ein liebevolles Umfeld bieten, bei dem sie voll und ganz wahrgenommen werden. Diese Möglichkeit eröffnet uns der Kindergarten. Daneben wünschen wir uns auch, mit der Einrichtung in die Stadt hinein wirken zu können und dass dadurch die Gemeinde eine größere Relevanz für die Menschen hier erhält. Denn mit dem Kindergarten können wir Beziehungen zu kirchendistanzierten Menschen aufbauen, die wir sonst nicht bekommen hätten.