Ein stabiles, zuverlässiges Bankensystem, das problemloses Bezahlen ermöglicht – all das ist in Afrika nicht selbstverständlich. Vor etwa drei Wochen machte an einem Mittwochabend in Burundi folgende Meldung die Runde, berichtet Missionar Manuel Stoll: „Burundi tauscht seine beiden größten Geldscheine aus! Alle 5.000er- und 10.000er-Geldscheine des Burundi-Franc (rund 1,50 bzw. 3 Euro wert) werden in zehn Tagen komplett wertlos sein! Bis dahin ist die Bevölkerung aufgerufen, alle Geldscheine bei einer Bank abzugeben und gegen neue Scheine einzutauschen.“
Die Zentralbank hat damit das ganze Land überrascht. Es waren vorher keine Gerüchte im Umlauf, wie sonst üblich. Selbst die meisten Banken wurden vorab nicht informiert.
Der darauffolgende Tag war ein landesweiter Feiertag, an dem die Banken geschlossen waren. Es gab viele Fragen, vieles war unklar. Als dann am Freitag die Menschen begannen, zu den Banken zu gehen, hieß es, dass die neuen Geldscheine noch nicht verfügbar seien, da sie ja erst auf alle Bankfilialen verteilt werden müssten. Das Land war in Aufruhr. Man vermutete, dass ehemalige Regierungsmitglieder, die sich illegal bereichert hatten, große Geldsummen gehortet hatten. Daher wurde kurz nach Bekanntgabe des Gesetzes auch geregelt, welche Maximalbeträge man ein- und auszahlen konnte. Um Geld wechseln zu können, musste es erst auf ein Bankkonto eingezahlt werden. Dann konnte man es wieder mit den neuen Geldscheinen abheben. Innerhalb einer Zehn-Tages-Frist konnte man zudem maximal umgerechnet 3.000 Euro einzahlen. Abheben könnte man in dieser Zeit täglich rund 100 Euro. Dadurch waren Menschen mit größeren Bargeldsummen gezwungen, ihr Geld bei der Bank abzugeben und bis zum Ende der Frist größtenteils auch dort liegen zu lassen. Alle, die mehr als umgerechnet 3.000 Euro in bar besaßen, mussten nun beim Einzahlen unangenehme Fragen beantworten und wurden auf eine Liste der Zentralbank gesetzt. Nach und nach waren dann auch die neuen Geldscheine verfügbar. Wenige Tage vor Ablauf der Frist begannen manche Ladenbesitzer damit, die alten Geldscheine abzulehnen, obwohl sie noch gültig waren.
In diesen Tagen wurden immer neue Meldungen der Regierung verbreitet und Ein- und Auszahlungslimits angepasst. Vor den Banken bildeten sich Warteschlangen. Viele mussten erst einmal ein Bankkonto eröffnen, um an neue Geldscheine kommen zu können. Bis zuletzt gab es manche, die alles für einen Bluff des Präsidenten hielten und sich weigerten, ihr Geld zur Bank zu bringen.
Als die Frist ablief, war zunächst nicht klar, wie es weitergeht: Würden die Beschränkungen zu Ein- und Auszahlungen aufgehoben? Haben die Banken ausreichend Bargeld, wenn viele ihr Geld sofort wieder abheben würden? Schließlich kam die erleichternde Meldung, dass alle Einschränkungen aufgehoben werden. Auch wenn zunächst weiterhin nicht überall genügend Bargeld verfügbar war, war die Zeit der Unsicherheit doch vorbei. Die alten Geldscheine waren nun wertlos.
„Es war sehr spannend für uns Missionare zu beobachten, was solch ein Gesetz mit uns Menschen machen kann: Wenn unser Besitz in Gefahr ist, wie reagieren wir? Wenn das, was wir angehäuft haben, droht, wertlos zu werden, woran klammern wir uns? Wenn unser Geld von einem Tag auf den anderen komplett wertlos wird, was macht das mit unserem Herzen?“, sagte Manuel Stoll, der seit Juni 2021 in dem Land Gemeindegründungen unterstützt.
Spätestens mit dem Tod wird aller Besitz mit einem Schlag wertlos sein. Geld ist dann nicht mehr als bunt bedrucktes Papier (so wie die alten Scheine hier in Burundi). Daher hat Jesus auch gesagt: „Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde, wo Motten und Rost sie zerfressen oder Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch lieber Schätze im Himmel […] Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.“ (Matthäus 6,19–21). „Was für ‚Schätze‘ will ich in meinem Leben anhäufen, die auch über meinen Tod hinaus Bestand haben? Für uns als Familie sind das: Gottes Willen tun, mit ihm in Beziehung leben, anderen von seiner Liebe erzählen. Das soll uns immer wichtiger sein als Besitz oder Geld.“
Die Liebenzeller Mission ist seit 1992 in Burundi aktiv. Die Missionare dort setzen sich für benachteiligte Menschen ein, unterstützen christliche Ausbildung, die Gemeindearbeit und schulen Burunder.